Überflüssige Labortests

Deutsches Ärzteblatt 107, Heft 24 (18.06.2010), S. A1232

Vom Arzt im Rahmen einer Konsultation veranlasste Laboruntersuchungen können erhebliche Kosten verursachen. Auch vor diesem Hintergrund wird immer wieder vonseiten der Patienten/Zahlungspflichtigen die Frage nach der medizinischen Notwendigkeit besonders umfänglicher und/oder teurer medizinischer Labordiagnostik aufgeworfen.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH; Az.: III ZR 173/09, verkündet am 14. Januar 2010) müssen Privatpatienten medizinisch überflüssige Laboruntersuchungen nicht bezahlen. Strittig waren die bei einem Diabetiker von einem neu konsultierten Arzt veranlassten externen Laborleistungen, hier spezielle „Gentests“ zur Feststellung des Diabetestyps beziehungsweise zum Ausschluss einer speziellen Diabeteserkrankung, deren Durchführung in einem externen Labor eine Rechnungslegung in Höhe von 5367,15 Euro zulasten des Patienten nach sich zog. Der Patient weigerte sich, die Rechnung zu begleichen, unter dem Hinweis, der vorbehandelnde Arzt habe den Diabetestyp bereits eindeutig festgestellt, dies sei dem neu aufgesuchten Arzt auch bekannt gewesen. In der Berufungsbegründung hat der Patient unter anderem auch geltend gemacht, dass die Zustimmung zur Blutentnahme den Arzt nicht zum Abschluss eines Vertrages über die Durchführung eines Gentestes bevollmächtigt habe. Er habe sich schon viele Jahre wegen Diabetes mellitus Typ 2 in Behandlung befunden und sei davon ausgegangen, dass es nur um eine gewöhnliche Blutuntersuchung gehe.

Der III. Senat hat klargestellt, dass der behandelnde Arzt im Regelfall als Stellvertreter des Patienten tätig werde und er, bei Übersendung des Untersuchungsmaterials an den Laborarzt, den damit verbundenen Auftrag grundsätzlich im Namen des Patienten erteile. Der Umfang der somit erteilten Innenvollmacht richte sich jedoch danach, „welche Laboruntersuchungen für die medizinisch notwendige weitere Behandlung objektiv – nicht nach der subjektiven Meinung des behandelnden Arztes – benötigt werden“. Auch hat der BGH festgestellt, dass es dem Arzt nicht freistehe, „neue Untersuchungen zulasten des Patienten in Auftrag zu geben, wenn er die entsprechenden Informationen von dem vorbehandelnden Arzt erfragen kann“. Nach den klaren Regeln der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) müssten nur medizinisch notwendige Behandlungen vergütet werden.

So lautet auch der Leitsatz dieser Entscheidung: „Der Umfang einer Innenvollmacht, die der Patient dem ihn behandelnden Arzt zum Zwecke der Beauftragung eines externen Laborarztes mit einer Blutuntersuchung stillschweigend erteilt, richtet sich grundsätzlich danach, was im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 GOÄ für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich ist.“

Dieses höchstrichterliche Urteil macht unter anderem auch deutlich, dass bei einem mangelnden Rückgriff auf bereits vorhandene Laborergebnisse oder einem unkritischen Umgang mit der Frage der medizinischen Notwendigkeit die ärztliche Liquidation kritisiert und letztlich nicht anerkannt werden kann beziehungsweise der Arzt darüber hinaus auch Gefahr läuft, in eine Rechtsstreitigkeit mit dem Labor hineingezogen zu werden.

Dr. med. Tina Wiesener
(in: Deutsches Ärzteblatt 107, Heft 24 (18.06.2010), S. A1232)