Kryotherapie und Lokalanästhesie der Haut mittels Kälteapplikation

Deutsches Ärzteblatt 109, Heft 5 (03.02.2012), S. A-230

Gelegentlich tritt die Frage auf, ob eine Oberflächenanästhesie der Haut mittels Kälteapplikation, auch als „Vereisung“ bezeichnet, mit der Nr. 740 GOÄ („Kryotherapie der Haut, je Sitzung“) berechnungsfähig ist.

Eine Kryotherapie gemäß der Nr. 740 GOÄ impliziert gebührenrechtlich nach dem anerkannten GOÄ-Kommentar von Hoffmann (Kohlhammer-Verlag) die Induktion einer begrenzten Nekrosebildung der Haut, das heißt eine Gewebezerstörung beziehungsweise einen Zelltod, beispielsweise bei der Behandlung aktinischer Keratosen. Das heute am häufigsten eingesetzte Kältemittel ist flüssiger Stickstoff mit einer Temperatur von circa minus 196 Grad Celcius. Hiervon zu unterscheiden ist eine lokale Kälteapplikation, zum Beispiel mit Chloräthylspray, die an der Haut eine anästhesierende Wirkung ohne Zellschaden beziehungsweise Gewebszerstörung hervorrufen soll. Diese Form der Anästhesie lässt sich gebührenrechtlich den Oberflächenanästhesien zuordnen, die ansonsten durch Betupfen oder Besprühen mit einem Lokalanästhetikum erfolgen und in der Gebührenordnung für Ärzte nur für spezielle Schleimhautlokalisationen mit den Nrn. 483 GOÄ bis 489 GOÄ berechnungsfähig sind, zum Beispiel für die Lokalanästhesie des Kehlkopfes mit der Nr. 484 GOÄ.

Die Oberflächenanästhesie der Haut ist, im Gegensatz zur Infiltrationsanästhesie, im Abschnitt D der GOÄ (Anästhesieleistungen) nicht aufgeführt und demzufolge gemäß dem GOÄ-Kommentar von Brück und Nachfolgern (Deutscher Ärzte-Verlag) – auch als Kälteanästhesie („Vereisung“) – ebenso wie das Auftropfen eines Lokalanästhetikums auf die Bindehaut und Hornhaut – nicht gesondert berechnungsfähig, sondern in der Berechnung der Hauptleistung enthalten, wie beispielsweise in einem Analogansatz der Nr. 2440 GOÄ (gemäß einem Beschluss des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer) für eine Laserbehandlung von Besenreiservarizen, Teleangiektasien, Warzen und anderen Hautveränderungen, ausgenommen melanozytäre Naevi, sowie aktinischer Keratosen einschließlich Laserepilation mit einer Ausdehnung bis zu sieben Quadratzentimeter Körperoberfläche.

Die Intention des Verordnungsgebers, eine Oberflächenanästhesie der Haut von der Berechnung auszunehmen, zeigt sich auch darin, dass Reagenzien und Narkosemittel zur Oberflächenanästhesie gemäß § 10 Abs. 2 GOÄ nicht als Auslagen berechnungsfähig sind.

Dr. med. Stefan Gorlas
(in: Deutsches Ärzteblatt 109, Heft 5 (03.02.2012), S. A-230)