Zur "Stand-by"-Leistung des Anästhesisten

Deutsches Ärzteblatt 106, Heft 21 (22.05.2009), S. A-1074

Während viele kleinere chirurgische Eingriffe ohne die Anwesenheit eines Anästhesisten in Lokalanästhesie vom Operateur allein durchgeführt werden können, erfordern andere Operationen zwingend das Tätigwerden eines Anästhesisten. Daneben gibt es Eingriffe, die grundsätzlich in Lokalanästhesie vom Operateur allein durchgeführt werden können, bei denen jedoch wegen der Schwere der Begleiterkrankungen und/oder bei möglicherweise längerem Operationsverlauf und/oder abnehmender Kooperationsfähigkeit des Patienten die Anwesenheit eines Anästhesisten erforderlich ist, um zum Beispiel eine Analgosedierung des Patienten durchzuführen. Der Anästhesist übernimmt die Überwachung und Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen des Patienten. Durch dieses Vorgehen wird es ermöglicht, dass das Operationsziel mit dem meistens geringeren Risiko der Lokalanästhesie erreicht werden kann.

Gebührenrechtlich stellt sich zunächst folgendes grundsätzliches Problem: Die sogenannte Stand-by-Leistung des Anästhesisten ist in der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) nicht abgebildet, sodass eine Berechnung nur mit einer den Kriterien des § 6 Absatz 2 GOÄ entsprechenden Analogposition erfolgen kann. Der Berufsverband deutscher Anästhesisten hatte für diese Leistung eine analoge Bewertung mit der Gebührenposition 62 GOÄ – Zuziehung eines Assistenten bei operativen belegärztlichen Leistungen oder bei ambulanter Operation durch niedergelassene Ärzte, je angefangene halbe Stunde – vorgeschlagen. Der Ausschuss „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer hat in der ersten Sitzung vom 4. November 1999 dieser analogen Bewertung zugestimmt.

Die Gebührenposition A62 bildet die reine Überwachung der Vitalfunktionen durch einen Anästhesisten bei diagnostischen und/oder therapeutischen Eingriffen, je angefangene 30 Minuten, ab. Das auch für das Tätigwerden des Anästhesisten beim Stand-by erforderliche Vorgespräch sowie die Voruntersuchung sind gesondert mit den jeweils zutreffenden Gebührenpositionen des Kapitels B – Grundleistungen und allgemeine Leistungen (GOÄ) – berechnungsfähig. Auch weitere Maßnahmen während des Stand-by, wie beispielsweise Injektionen zur Analgosedierung und/oder Maßnahmen zur Behandlung von Komplikationen, sind zusätzlich berechenbar.

Wird während des Stand-by die Einleitung einer Kurznarkose oder Intubationsnarkose erforderlich, da zum Beispiel der Eingriff sich nicht in Lokalanästhesie beenden lässt und/ oder bei einer unvorhergesehen länger andauernden Operation die Kooperationsfähigkeit des Patienten durch lagerungsbedingte Schmerzen sinkt, so sind diese Leistungen im Anschluss an die Leistung nach A62 GOÄ gesondert zu berechnen. Werden zwei Anästhesieverfahren in der Liquidation aufgeführt, ist es erforderlich, die Zeiten der jeweils eingesetzten Verfahren sowie eine kurze Begründung für die Notwendigkeit beider Anästhesieverfahren anzugeben.

Dr. med. Beate Heck
(in: Deutsches Ärzteblatt 106, Heft 21 (22.05.2009), S. A-1074)