Urologie (2) – Radikale Prostatektomie

Deutsches Ärzteblatt 103, Heft 48 (01.12.2006), Seite A-3292

Für einige moderne operative und/oder endoskopische Verfahren gibt es in der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) für den Bereich der Urologie keine passenden Gebührenpositionen. Der Zentrale Konsultationsausschuss für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer hat elf Beschlüsse zu verschiedenen urologischen Leistungen gefasst (Bekanntgaben DÄ, Heft 41/2006).

Im letzten GOÄ-Ratgeber wurden die Beschlüsse zur Endopyelotomie, zur transurethral-endoskopischen intrakorporalen Harnleitersteinzertrümmerung und zur perkutan intrakorporalen Nierensteinzertrümmerung erläutert. Im Folgenden werden die veröffentlichten Beschlüsse zur radikalen Prostatektomie erklärt.

Insgesamt wurden vier Beschlüsse (A 1870, A 1871, A 1872 und A 1873) zur radikalen Prostatektomie gefasst, die nur alternativ und nicht nebeneinander berechnungsfähig sind.

Die A 1870 beinhaltet neben der Entfernung von Prostata (Vorsteherdrüse) und Samenblasen die Rekonstruktion des Blasenhalses und des Schließmuskels und die Entfernung der regionalen Lymphknoten. Die (mikrochirurgische) Rekonstruktion von Blasenhals und Harnröhrenschließmuskel stellt ein neuartiges Verfahren dar, welches einerseits dem Erhalt beziehungsweise der Wiederherstellung der Harnkontinenz dient und andererseits die Wahrscheinlichkeit einer postoperativen Stenose (Enge) an der Anastomose (Verbindung) vom Blasenhals zur Urethra (Harnröhre) deutlich senkt. Fakultative Bestandteile des ablaufbezogenen Leistungskomplexes nach A 1870 (wie auch A 1871, A 1872 und A 1873) sind das Legen von Drainagen und eines suprapubischen und/oder transurethralen Blasenkatheters. Selbstverständlich sind das Absetzen und Unterbinden der notwendigen Strukturen wie beispielsweise der Samenleiter und die notwendige Entnahme von Schnellschnitten sowie das Spülen Bestandteil des ablaufbezogenen Leistungskomplexes. Die Berechnung erfolgt analog der Nr. 1845 GOÄ (4490 Punkte).

Die A 1871 ist bis auf die zusätzliche (ein- oder beidseitige) Präparation der Nervi erigentes inhaltsidentisch mit der A 1870. Die Neurolyse der Nervi erigentes per Lupenbrille oder mittels Mikroskop ist eine Weiterentwicklung der (radikalen) Prostatektomie, die nur beim lokal begrenzten Prostatakarzinom infrage kommt und in erster Linie dem Erhalt der Erektionsfähigkeit des Patienten dient. Die Berechnung der aufgeführten Leistungen nach A 1871 erfolgt analog Nr. 1860 GOÄ (6500 Punkte).

Die A 1872 unterscheidet sich von der A 1870 nur durch das Fehlen der Lymphknotenentfernung. Diese Leistung kommt insbesondere dann vor, wenn die Lymphknotenentfernung zu einem anderen Zeitpunkt durchgeführt wurde. Der ablaufbezogene Leistungskomplex nach A 1872 wird analog der Nr. 1843 GOÄ (4160 Punkte) bewertet.

Die A 1873 ist bis auf die zusätzliche (ein- oder beidseitige) Präparation der Nervi erigentes inhaltsidentisch mit der A 1872. Die Berechnung für diesen ablaufbezogenen Leistungskomplex erfolgt analog der Nr. 3088 GOÄ (5600 Punkte).

Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 103, Heft 48 (01.12.2006), Seite A-3292)