Liquidationskette

Deutsches Ärzteblatt 101, Heft 16 (16.04.2004), Seite A-1116

Wahlleistungen, ärztliche ebenso wie nicht-ärztliche, sind als Zusatzleistungen, nicht als Anstattleistungen zu verstehen. Die Berechnung von ärztlichen Wahlleistungen, die auf Basis der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet werden müssen, setzt eine schriftliche Vereinbarung über die Inanspruchnahme vor Behandlungsbeginn voraus, in der Regel im Rahmen des Krankenhausaufnahmevertrages. Gemäß § 22 Absatz 3 der Bundespflegesatzverordnung erstreckt sich eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen auf alle liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses, die an der Behandlung des Patienten beteiligt sind. Es ist also nicht möglich, sich bei einer Entscheidung für wahlärztliche Leistungen ausschließlich zum Beispiel auf bestimmte ärztliche Leistungen, wie zum Beispiel die Operation oder eine internistische Intervention, zu beschränken. Darüber hinaus sind auch weitere, von den Krankenhausärzten veranlasste, im Rahmen des stationären Aufenthalts erforderliche Leistungen in diese so genannte Liquidationskette mit eingeschlossen, die von Ärzten oder ärztlichen Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses konsiliarisch oder als externe Dienstleistung erbracht werden, wenn das Krankenhaus hierfür keine eigene Fachabteilung vorhält.

Da wahlärztliche Leistungen vom Gesetzgeber als jeweils behandlungsfallbezogener Komplex definiert werden, erstreckt sich die Honorarminderungspflicht nach § 6a GOÄ demnach auf alle an der Liquidationskette beteiligten Ärzte: Um Überschneidungen zwischen dem Entgelt für die allgemeinen Krankenhausleistungen, das die medizinisch notwendigen Personal- und Sachkosten abdeckt, und den Wahlarztleistungen, für die Ressourcen des Krankenhauses genutzt werden, beziehungsweise eine finanzielle Doppelbelastung des Wahlleistungspatienten zu vermeiden, müssen die Gebühren für die Leistungen der Wahlärzte pauschal um 25 Prozent, die Gebühren für Leistungen von externen Ärzten, die in den stationären Behandlungsfall einbezogen werden, um 15 Prozent gemindert werden. 15 Prozent sind nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann abzuziehen, wenn der im Rahmen der Liquidationskette beteiligte externe Arzt die Einrichtung des Krankenhauses zur Erbringung seiner Leistung überhaupt nicht in Anspruch nimmt, das heißt dem Krankenhaus faktisch gar keine Personal- und Sachkosten verursacht werden (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Juni 2002, Az.: III ZR 186/01).

Über die Kostenerstattungspflicht der liquidationsberechtigten Krankenhausärzte partizipieren die Krankenhäuser an den Zusatzerlösen, die von den im Rahmen der Liquidationskette beteiligten Krankenhausärzten erwirtschaftet werden. Obwohl im Rahmen der Wahlleistungsvereinbarung auf die Liquidationskette und die zu erwartende Liquidationshöhe hingewiesen und detailliert informiert werden muss, sind die Patienten, die wahlärztliche Leistungen vereinbart haben, wegen der Vielzahl verschiedener Privatliquidationen, die nach Abschluss des Krankenhausaufenthalts sukzessive dem Privatpatienten und Selbstzahler zugestellt werden, in der Regel überrascht oder irritiert. Auch die Beihilfe von Bund und Ländern versucht in regelmäßigen Abständen, die Wahlarztkette zu kappen, um ihre Kassen zu schonen. Der Vorstoß im Zuge der Einführung des neuen Krankenhausentgeltgesetzes von 2003 wird nicht der letzte gewesen sein.

Dr. med. Regina Klakow-Franck
(in: Deutsches Ärzteblatt 101, Heft 16 (16.04.2004), Seite A-1116)