Verband nach Nr. 200 – was ist wichtig?

Deutsches Ärzteblatt 108, Heft 10 (11.03.2011), S. A-548

Die Allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt C I „Anlegen von Verbänden“ der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) enthalten den Hinweis: „Wundverbände nach Nummer 200, die im Zusammenhang mit einer operativen Leistung (auch Ätzung, Fremdkörperentfernung), Punktion, Infusion, Transfusion oder Injektion durchgeführt werden, sind Bestandteil dieser Leistung.“ Diese Bestimmung wird teilweise unterschiedlich ausgelegt. Eindeutig ist der Zusammenhang bei den wörtlich genannten Eingriffen wie Ätzung, Fremdkörperentfernung, Punktion, Infusion, Transfusion oder Injektion. Einigkeit besteht auch bei den größeren operativen Eingriffen. Bei den typischen Wundversorgungen nach den Nrn. 2000 bis 2005 GOÄ wird oft argumentiert, dass dies keine operativen Leistungen seien und auch nicht unter die sonst aufgezählten Begrifflichkeiten fielen. Diese Argumentation ist nicht haltbar, da hier zum einen vom Sinnzusammenhang ausgegangen werden muss und zum anderen die Eingriffe vergleichbar sind mit Punktionen oder anderen „einfachen“ Eingriffen (auch) aus anderen Abschnitten der GOÄ.

Die aufwendigeren Verbände, wie beispielsweise der Kompressionsverband nach Nr. 204 GOÄ oder der redressierende Klebeverband nach Nr. 201 GOÄ, sind von diesem Ausschluss (neben operativen Leistungen) nicht betroffen. Bereits aus der Leistungslegende ergibt sich, dass bestimmte Formen der Wundabdeckung nicht nach Nr. 200 GOÄ in Rechnung gestellt werden können. Eindeutig sind die Begriffe Sprühverbände, Augen- und Ohrenklappen. Zu den nicht berechnungsfähigen Schnellverbänden nach Nr. 200 GOÄ zählen die „normalen“ vorgefertigten Pflaster. Nach gängiger Rechtsmeinung ist das lokal wirkende Salicylpflaster beispielsweise zur Behandlung einer Hornschwiele nach Nr. 200 GOÄ in Ansatz zu bringen, während die Applikation von Pflastern, die Substanzen enthalten (wie Hormone und Analgetika), die über die Haut resorbiert werden, jedoch systemisch wirken (transdermale therapeutische Systeme), nicht berechnungsfähig ist. Die Größe des betroffenen Gebiets, das einen Verband erhält, spielt für die Berechnungsfähigkeit keine Rolle. Dies bedeutet, dass sowohl ein Verband vom Finger bis einschließlich zum Oberarm die einmalige Berechnungsfähigkeit auslöst als auch ein Verband des kleinen Fingers. Müssen wegen multipler Verletzungen oder Wunden jedoch mehrere Bereiche des Körpers mittels Verband abgedeckt werden, so ist die Nr. 200 GOÄ, immer unter Beachtung der Bestimmungen zu Abschnitt C I der GOÄ, auch mehrfach berechnungsfähig. Wenn sich dieser Umstand nicht aus den Diagnosen ergibt, hilft eine Angabe der verschiedenen Lokalisationen auf der Rechnung, Missverständnisse zu vermeiden.

Wenn im Einzelfall an einem Körperteil, etwa einer Extremität, zwei verschiedene Verbandsysteme angewendet werden müssen, um den Patienten erfolgreich behandeln zu können, so können diese auch beide berechnet werden. In einem Fall wurde die Berechnung des Verbands nach Nr. 200 GOÄ für den Verband des Ulcus cruris neben dem Kompressionsverband nach Nr. 204 GOÄ zur primären Behandlung der Ursache als sachgerecht anerkannt (LSG Nordrhein-Westfalen, Az.: L1 Ka 34/68).

Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 108, Heft 10 (11.03.2011), S. A-548)

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