Proktoskopie „neben“ Verödung von Hämorrhoiden berechnungsfähig?

Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 24 (13.06.2008) S. A-1356

Im Abschnitt F „Innere Medizin, …“ der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sind verschiedene endoskopische Verfahren aufgeführt. So sind Leistungen beschrieben, deren Leistungslegende nur das diagnostische Verfahren nennt (wie Nr. 705 GOÄ „Proktoskopie“), aber auch Leistungen, in denen fakultative Behandlungen eingeschlossen sind (wie Nr. 690 GOÄ „Rektoskopie – ggf. einschließlich Probeexzision und/oder Probepunktion“). Umgekehrt sind Leistungen verzeichnet, die eine Behandlung einschließlich dem endoskopischen Verfahren nennen (wie Nr. 766 GOÄ „Ligaturbehandlung von Hämorrhoiden einschließlich Proktoskopie, je Sitzung“). Diese unterschiedlichen Beschreibungen führen zu Schwierigkeiten bei der Nebeneinanderberechnung einzelner Leistungen.

So wird hinterfragt, ob die Nr. 705 GOÄ „Proktoskopie“ (152 Punkte) neben der Nr. 764 GOÄ „Verödung (Sklerosierung) von Krampfadern oder Hämorrhoidalknoten, je Sitzung“ berechnet werden kann. Betrachtet man die Ausstattung der Sklerosierung nach Nr. 764 GOÄ mit 190 Punkten mit der etwas aufwendigeren „Ligaturbehandlung von Hämorrhoiden einschließlich Proktoskopie, je Sitzung“ nach Nr. 766 GOÄ (225 Punkte), so liegt die Vermutung nahe, dass bei beiden Leistungen die endoskopische Durchführung mittels Proktoskop enthalten ist. Diese Auffassung vertreten auch die Autoren des GOÄ-Kommentars von Brück. Der GOÄ-Kommentar von Lang, Schäfer und Stiel erwähnt ebenfalls eine Berechnungsfähigkeit der Proktoskopie neben der Nr. 764 GOÄ, wobei hier wohl die diagnostische Proktoskopie etwa im Vorfeld des Eingriffs gemeint ist. Eine unabhängig von der Behandlung der Hämorrhoiden durchgeführte diagnostische Proktoskopie, so die Autoren, sei eigenständig berechnungsfähig. Die diagnostische Proktoskopie wird bei der ersten Untersuchung zur Diagnosestellung und gegebenenfalls als (Verlaufs-) Kontrolle des Behandlungserfolgs und/oder nach Abschluss der Behandlung durchgeführt.

Beispiel: Bei einem Patienten wurde eine diagnostische Proktoskopie vorgenommen und dabei Hämorrhoidalknoten festgestellt. In mehreren Sitzungen wurden die Hämorrhoidalknoten sklerosiert. Der behandelnde Arzt berechnete jeweils die Nr. 705 GOÄ neben der Nr. 764 GOÄ. Die Versicherung erstattete nur die erste (diagnostische) Proktoskopie mit dem Hinweis auf den Kommentar Brück.

Wie bereits erläutert, ist die Berechnung der Proktoskopie nach Nr. 705 GOÄ als endoskopische Hilfsleistung bei der Behandlung von Hämorrhoidalknoten mittels Verödung nach Nr. 764 GOÄ nicht möglich. Die medizinisch notwendige, eigenständig durchgeführte diagnostische Proktoskopie nach Nr. 705 GOÄ ist dagegen ausnahmsweise in derselben Sitzung (d. h. hier in der Regel vor oder nach) der Nr. 764 GOÄ berechnungsfähig. In diesem Fall muss geklärt werden, zu welchem Zeitpunkt eine diagnostische Proktoskopie medizinisch notwendig (und demnach auch berechnungsfähig) gewesen ist.

Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 24 (13.06.2008) S. A-1356)

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