Empfehlungen zur Prostata-Seed-Implantation

Deutsches Ärzteblatt 102, Heft 39 (30.09.2005), Seite A-2656

Viele moderne Verfahren der Strahlentherapie, wie beispielsweise die Seed-Implantation beim Prostatakarzinom (PSI), werden von der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) nicht abgedeckt.

Vom Zentralen Konsultationsausschuss für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer, in dem neben der Bundesärztekammer das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, das Bundesministerium des Innern (für die Beihilfe) und der Verband der privaten Krankenversicherung e.V. (PKV) vertreten sind, wurde in der 5. Sitzung vom 8. März 2005 eine Abrechnungsempfehlung zur PSI konsentiert, die in der 6. Sitzung von der PKV aufgekündigt wurde. Die Argumentation der Vertreter der PKV, dass man die beteiligten Ärzte mit einer fachgruppenübergreifenden Pauschale vergüten könne, ist nicht GOÄ-konform. Nach § 4 Absatz 2 GOÄ kann der Arzt nur eigene Leistungen berechnen. Das sind Leistungen, die er selbst erbringt oder für die er Aufsicht und Weisung ausüben kann. Nach dem derzeitigen Weiterbildungsrecht kann bei der PSI weder der Strahlentherapeut den Urologen beaufsichtigen, noch vice versa. Die Leistungen sind für den anderen jeweils fachfremd. Die Bundesärztekammer hält die gewählten Gebührenpositionen, getrennt für die Leistung der Strahlentherapeuten und der Urologen, für sachgerecht und hat daher am 26. August 2005 der Veröffentlichung der Beschlüsse des Ausschusses "Gebührenordnung" zugestimmt (siehe Veröffentlichung der Beschlüsse des Ausschusses "Gebührenordnung" der Bundesärztekammer, die in diesem Heft des Deutschen Ärzteblattes veröffentlicht werden).

Die PSI (Low-dose-rate-Brachytherapie) ist nicht unmittelbar den in der GOÄ vorgehaltenen Leistungen nach den Nrn. 5840 bis 5846 GOÄ zuzuordnen. Die in der GOÄ genannte interstitielle Brachytherapie nach Nr. 5846 GOÄ steht für die High-doserate-Brachytherapie (HDR) mit passagerer Implantation von radioaktiven Seeds über vier bis sechs Nadeln. Bei der permanenten interstitiellen Brachytherapie der Prostata handelt es sich um eine, in der Regel ambulant durchführbare, organerhaltende, minimalinvasive strahlentherapeutische Therapievariante des lokal begrenzten Prostatakarzinoms, bei dem radioaktive Strahlenquellen (125Jod oder 103Palladium) in Form von Seeds über 15 bis 28 Hohlnadeln zum dauerhaften Verbleib in das Prostatagewebe eingebracht werden. Der zeitliche Aufwand für die Implantation der Nadeln bei der PSI ist gegenüber der HDR ungefähr sechsmal höher, weil die im Körper verbleibenden Seeds über ein Vielfaches an Nadeln implantiert werden und die Anforderungen an die Zielgenauigkeit deutlich höher sind als bei der HDR.

Der permanenten interstitiellen Brachytherapie werden gegenüber der radikalen Prostatektomie Vorteile wie der Erhalt der Potenz und der Urinkontinenz zugeschrieben. Mögliche Nachteile bestehen offenbar in urethralen Nebenwirkungen wie einer Miktionserschwernis. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft kann die PSI eine sinnvolle Therapieoption darstellen, wenn es sich um Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom und günstigen Prognosefaktoren handelt.

Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 102, Heft 39 (30.09.2005), Seite A-2656)