Gebührenordnung für Ärzte: Zielleistung kontra Analogbewertung

Deutsches Ärzteblatt 99, Heft 6 (08.02.2002), Seite A-384

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Novellierung der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) kaum mit dem medizinischen Fortschritt würde Schritt halten können, hat der Verordnungsgeber in der GOÄ die Möglichkeit einer analogen Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden verankert. Dadurch sollte eine zeitnahe Ergänzung des GOÄ-Leistungsverzeichnisses gewährleistet werden.

In der vertragsärztlichen Versorgung (GKV) werden neue ambulante Leistungen nach Beschluss durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den EBM aufgenommen, wie kürzlich die Behandlung der altersabhängigen Makuladegeneration bei vaskulärer Netzhauterkrankung durch PDT mit Verteporfin. Eine Verpflichtung zur einvernehmlichen Bewertung einer neuen ärztlichen Leistung gibt es im Privatliquidationsbereich nicht.

Verhandlungen zwischen der Bundesärztekammer, den beteiligten Bundesministerien und dem Verband der privaten Krankenversicherung e.V. scheitern oftmals an den Bedenken der Kostenträger, ob durch die Erweiterung des Leistungsverzeichnisses ein Kostenschub ausgelöst werden könnte. Die Beschlüsse der Bundesärztekammer zu Analogbewertungen neuer ärztlicher Leistungen verlieren dadurch jedoch nicht an Gültigkeit, die Furcht vor erhöhten Kosten sollte besser durch eine Folgekostenanalyse ersetzt werden.

Ein probates Mittel, die Notwendigkeit der überfälligen Erweiterung des Leistungsverzeichnisses auszuhebeln, ist die Beschwörung des "Zielleistungsprinzips" nach § 4 Abs. 2 a GOÄ. Lässt sich eine Leistung als Bestandteil oder Variante einer bereits in der GOÄ enthaltenen Leistungsnummer darstellen, entfällt der Anspruch auf eine eigenständige Analogbewertung. Nach § 6 Abs. 2 GOÄ können nämlich nur selbstständige Leistungen, die im Verzeichnis fehlen, analog berechnet werden.

Nach diesem Prinzip wird beispielsweise in "PKV Publik" (Herausgeber: PKV-Verband e.V., Köln) die photodynamische Therapie (PDT) mit Verteporfin (entsprechend der EBM-Nr. 1250) der zwanzig Jahre alten GOÄ-Gebührenposition Nr. 1366 originär zugeordnet, unter Berufung darauf, dass die Legende zur Nr. 1366 einen Hinweis auf vaskuläre Netzhauterkrankungen enthält, die unter anderem auch die Indikation für eine photodynamische Therapie begründen. Entsprechend wird die Anwendung des photodynamischen Behandlungsverfahrens bei Krebserkrankungen der Haut mit der PUVA-Behandlung der Psoriasis nach Nr. 565 gleichgesetzt, weil beide Methoden auf die kombinierte Anwendung von Licht und Chemie zurückgeführt werden können.

Solche Auslegungsbeispiele sind inakzeptabel. Das Zielleistungsprinzip soll regulieren, jedoch nicht blockieren. Die Bundesärztekammer hat beschlossen, die dermatologische PDT analog nach Nr. 566 GOÄ (für die Lichtbestrahlung des mit dem Photosensitizer vorbehandelten Hautbezirks) plus Nr. 5800 zu bewerten; bei Behandlung größerer Hautareale sind daneben Zuschläge analog nach Nr. 5802 bis 5803 berechnungsfähig.

Dr. med. Regina Klakow-Franck
(in: Deutsches Ärzteblatt 99, Heft 6 (08.02.2002), Seite A-384)