Auskunftspflicht des Arztes

Deutsches Ärzteblatt 101, Heft 40 (01.10.2004), Seite A-2709

Es müssen in der Anwendung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) verschiedene Rechtsbeziehungen beachtet werden: die des Arztes mit dem Privatpatienten, woraus sich unter anderem ergibt, dass der Patient für eine nach § 12 GOÄ korrekte Rechnung zahlungspflichtig ist, und die Rechtsbeziehung des Privatpatienten zu seinem Versicherungsunternehmen, wonach er laut Versicherungsvertrag sowohl einen Anspruch auf Erstattung der Arztrechnung hat als auch dem Versicherungsunternehmen gegenüber auskunftspflichtig ist.

Aus dem Behandlungsvertrag ergibt sich ein Recht des Patienten auf Erläuterung für die erstellte Privatliquidation und auf die Überlassung von Kopien (gegen Erstattung der Kosten) der Behandlungsunterlagen. Ausgeschlossen von der Überlassung sind nur persönliche Notizen des Arztes oder Ausnahmefälle, in denen die Einsicht in die ärztlichen Unterlagen eine Gefährdung der Gesundheit des Patienten darstellen würde.

Tatsache ist, es gibt keine direkte Rechtsbeziehung zwischen Arzt und privatem Krankenversicherungsunternehmen. Der Arzt ist gegenüber der privaten Krankenversicherung grundsätzlich nicht auskunftspflichtig. Mit einer Auskunftserteilung oder der Überlassung von Behandlungsunterlagen direkt an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung ohne ausdrückliche Zustimmung des Patienten und aktuelle fallbezogene Schweigepflichtentbindung würde der Arzt die ärztliche Schweigepflicht brechen. Er setzt sich auch der Gefahr eventueller Regressforderungen durch den Versicherten aus, zum Beispiel wenn es auf die ärztliche Auskunft hin zu Risikozuschlägen käme. Es ist daher ratsam, dem Patienten gegenüber Stellung zu nehmen beziehungsweise diesem die Befunde auszuhändigen. Dem Patienten ist dann überlassen, ob er die Unterlagen an sein Versicherungsunternehmen weiterleitet. Wenn auf Wunsch des Patienten der Arzt direkt mit der privaten Krankenversicherung korrespondieren will, empfiehlt es sich, hierzu das Einverständnis des Patienten in Form einer aktuellen fallbezogenen Schweigepflichtentbindung einzuholen. Nach überwiegender Rechtsmeinung ist die im Versicherungsvertrag enthaltene "Generalklausel" nicht ausreichend. Unter Beachtung der ärztlichen Schweigepflicht und der Wahrung des guten Einvernehmens muss jeweils im Einzelfall mit dem Patienten über die Weitergabe von Informationen über die ärztliche Behandlung entschieden werden. Die Anforderung von Behandlungsunterlagen durch die private Krankenversicherung, ohne dass der Patient darüber informiert ist und/oder eine aktuelle fallbezogene Schweigepflichtentbindung vorliegt, ist unzulässig. Bei Anfragen zur Überlassung von Behandlungsunterlagen durch die private Krankenversicherung ist in zunehmendem Umfang festzustellen, dass Konflikte in das Arzt-Patienten-Verhältnis hineintragen, weil einige Unternehmen mit der gewählten Formulierung unterstellen, Ärzte würden die Vorschriften der GOÄ nicht korrekt anwenden. Ratsam ist es daher - außer der Beachtung der Grundsätze -, einzelnen Versicherungsunternehmen, die überzogene Anforderungen an die Auskunftspflicht des Versicherten stellen und/ oder das Arzt-Patienten-Verhältnis durch unsachgemäße Äußerungen belasten, entschieden zu begegnen. Der beste Weg dazu ist in der Regel die Information des Patienten.

Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 101, Heft 40 (01.10.2004), Seite A-2709)